Glossar

Inhalt:

Chan
Dao
Daoismus
Dezentrierung und Zentrierung (Egozentrik)
Dialektik (Negation, Synthese)
Die Ochsen-Hirten Bilder
Emotionen
Emotionen – Gefühle – Bewusstsein
Genetische Epistemologie
Gongfu/Kung Fu
Fünf Elemente/ fünf Wandlungsphasen (in der TCM)
Konfuzianismus
Konfuzius
Kohärenzgefühl
Liezi
Mahayana
Neijin (Innere Energie, Yi, Qi, Li, Xing, Shen, Fali, Fajin)
Qigong (Qi)
Salutogenese
Stressoren
Taijiquan (Yin und Yang)
„Spirale“ (J.Piaget)
Tuishou
Wingchun Kungfu
Yin und Yang
Zen-Shiatsu

Chan, chin., wörtl.: „Meditation“. Der Chan-Buddhismus, welcher auch chinesischer Buddhismus genannt wird, ist zur Zeit der Tang-Dynastie (618-906) hauptsächlich als Synthese von Elementen des Daoismus und dem Mahayana, eine der beiden grossen Schulrichtungen des Buddhismus, aber auch als Schmelztiegel verschiedenster, intellektueller, künstlerischer, sozialer und religiöser Strömungen entstanden. Der Legende nach setzte Bodhidharma (470-543 n.Chr.) in China Pu-ti-da-mo oder Damo genannt - der 28. Nachfolger von „Buddha“ Siddhartha Gautama (skrt.: „der Erwachte“; 563-483 v.Chr.) – die Tradition der „wortlosen Überlieferung“ fort.
Chan strebt die unmittelbare Realisierung des menschlichen Wesens und die Befreiung aller leidenden Wesen an. Die Methoden dazu werden spontan und kreativ den jeweiligen Möglichkeiten angepasst.

Chan (ausführlichere Version) Das chinesische Chan (jap. Zen) entstammt dem Sanskrit-Wort „Dhyana“ und bedeutet Meditation, Versenkung, Sammlung des Geistes. Chan ist eine soziale Bewegung, die in China, zur Zeit der Tang-Dynastie (618-906 n.Chr.) entstanden ist und damals ihren Höhepunkt erreicht hatte. Die Bezeichnung sozial ist deshalb angebracht, weil die menschliche Gemeinschaft in der Theorie und Praxis der Bewegung eine entscheidende Rolle spielte. Chan ist hauptsächlich als Synthese aus dem Mahayana-Buddhismus und dem Daoismus, aber auch als Schmelztiegel verschiedenster, intellektueller, künstlerischer, sozialer und religiöser Strömungen zu verstehen. Die Synthese, (im dialektischen Sinne) resultiert in der dreifachen „Aufhebung“1: überwinden, bewahren und auf eine höhere Ebene emporheben. Auf diese Weise ist zu verstehen, wie sich aus der gegenseitigen Durchdringung von Mahayana und Daoismus eine neue Qualität (Chan) herausbilden konnte, wobei einerseits Elemente der beiden ausgeschieden, andererseits andere bewahrt und transformiert wurden. Dieser Prozess soll im folgenden ansatzweise skizziert werden.

Im Mahayana (skrt.: „grosses Fahrzeug“), eine der beiden grossen Schulrichtungen des Buddhismus, wird die Befreiung aller Lebewesen vom Leiden sowie tiefes Mitgefühl angestrebt. Diejenigen, die in der Lage sind diese Zielsetzung zu leben, werden als Bodhisattvas (skrt: „Erleuchtungswesen“) bezeichnet. In derselben Tradition stehen auch zahlreiche Modelle und Methoden zur Erkenntnis der Wirklichkeit. Der Legende nach begründete Bodhidharma (470-543 n.Chr.), in China Pu-ti-da-mo oder Damo genannt - der 28. Nachfolger des so genannten historischen „Buddha“ Siddhartha Gautama (skrt.: „der Erwachte“; 563-483 v.Chr.) - den chinesischen Chan-Buddhismus. Diesen praktizierte er zur Zeit seines neunjährigen Aufenthaltes in einer Höhle in der Nähe des Shaolin-Klosters (chin.: „Kloster des kleinen Waldes“). Über Lebensdaten und Aufenthaltsorte von Bodhidharma gibt es unterschiedliche Angaben. Bodhidharmas Ausbildung als Angehöriger der indischen Kriegerkaste versetzte ihn in die Lage Kampfkunst, Meditation und Gesundheitspflege zu verbinden. Nach einer anderen oft anzutreffenden Legende habe Bodhidharma als Sohn eines südindischen Brahmanen-Königs, ebenfalls Zugang zu einer entsprechenden Ausbildung gehabt.
Während der Tang-Zeit (618-906 n.Chr.) und evtl. auch schon vorher, entledigten sich die Begründer des Chan zunehmend der Regeln, Rituale, Strukturen und der übertriebenen Gelehrsamkeit des damaligen Mahayana und reduzierten den Buddhismus auf seinen Kern: konkrete, kollektive Schulung zur bewussten und uneigennützigen Lebensführung.
Der philosophische Daoismus, der sich vor allem auf das Daode jing (3. Jh.v. Chr.) bezieht, welches dem legendären Laozi zugeschrieben wird, war sozusagen der chinesische Boden, auf dem der indische Mahayana symbiotisch gedeihen konnte. Nach China gelangt, wurde der Buddhismus zeitweise als eine fremdländische Form des Daoismus angesehen. Diese Assimilation ging soweit, zu erklären, dass Buddha niemand anderer sei als Laozi2. Daraus resultieren unter anderem die sehr widersprüchlichen biographischen Daten über Laozi. Parallelen und Ähnlichkeiten in Ethik, Bildern, Begriffen und Gleichnissen begünstigten den Entstehungsprozess des chinesischen Buddhismus und seine Akzeptanz in der Bevölkerung. So bedeutet beispielsweise „Dao“ das „Unsagbare“, welches der buddhistischen „Leere“ und dem Chan-buddhistischen „Nichts“ (chinesisch: Wu) nahe kommt. „Daoismus“, ein Sammelbegriff für unterschiedliche Strömungen der chinesischen Philosophie, Wissenschaft und Religion lässt sich nicht ohne massive Vereinfachungen definieren. Im Mittelpunkt der Lehre steht ein ambivalentes, chaotisches und teilweise rückwärts gewandtes Menschen- und Naturbild. So erklärt sich z.B. das Nebeneinander der Ideale der übergeordneten, vollkommenen und sich stets wandelnden Natur sowie diejenigen des heiligen Herrschers über die ursprünglich-naturwüchsigen, anarchischen Gemeinschaften von „interesselosen“ Einsiedlern. Ein Schlüsselbegriff des Daoismus, das „absichtslose Handeln“ (chinesisch: Wuwei) steht für die Einheit und Harmonie von Mensch, Natur und Kosmos. Solche Begriffe regten zur Interpretation an, wie die unzähligen Übersetzungen des Daode jing zeigen.
Die herausragensten Chan-Begründer Huineng (638-713 n.Chr.), Huangbo (gest. 850) und Linji (gest. 866) positionierten die Chan-Lehre als Praxis zur unmittelbaren Bewusstwerdung und Realisierung des menschlichen Wesens, wobei sie nahezu alles, auch die eigenen Methoden permanent zu verändern bereit waren. Dadurch wurde gleichzeitig das Primat der Praxis gegenüber der Philosophie und die Aufwertung des Laientums zu wichtigen Merkmalen des Chan. Unter der Voraussetzung, dass die Philosophen die Welt nur verschieden interpretiert, nicht aber verändert haben, kann Chan nicht als Philosophie bezeichnet werden. Darüber hinaus versteht sich Chan weder als über den Wissenschaften stehend, noch als eine besondere. Wortgefechte, Meditationen, nonverbale Kommunikation, Poesie, symbolische Handlungen, Zweikämpfe, Bergwandern, Kochen, Landarbeit, d.h. fast alle Tätigkeiten und Erfahrungen können das plötzliche Erwachen zur „Buddha-Natur“ auslösen. Wobei diese die in allen Menschen/Wesen angelegte Natur sei. Buddhata (skrt.: „Buddha-Natur“), auch als „Nichts“ (chin. Wu) oder „Herz“ bezeichnet, ist nach mahayanistischer Auffassung die wahre, unveränderliche und ewige Natur aller Wesen; diese ist aber vergänglich und „Nicht-Wesenhaft“. „Buddha werden“ ist ein Synonym dafür, in einem Bewusstseinssprung die eigene Natur mehr oder weniger zu „durchblicken“. Dankbarkeit diesen Mitteln gegenüber wurde als Anklammern und somit als Rückfall abgelehnt, ebenso die Liebe zu Ruhe und Abgeschiedenheit3. [Die Konsequenzen daraus werden von vielen der „Möchtegern“-Nachfolgern und ihren unkritischen Anhängern, aus Teilweise bewussten, ökonomisch motivierten Gründen aber auch aus Verblendung verschwiegen.]
In den Anfängen des Chan kritisierten seine Vertreter jegliche autoritären Verhaltenweisen und hierarchische Strukturen sowie den Methodenfetischismus nicht nur verbal, sondern auch in ihren Taten. Ein beliebtes Motto lautete: einem grossen Zweifel – auch grosse Kritik genannt – folgt ein grosses Erwachen. Gefragt war eine jederzeit (oft auch experimentell) überprüfbare Qualität der tatsächlichen Umsetzung der Grundsätze (kein esoterisches „Wischiwaschi“). Permanente Bewusstseinsentwicklung, uneigennützige Solidarität mit den Leidenden, die Aneignung notwendiger Fertigkeiten (chin.: Gongfu) und die Konzentration auf des Wesentliche gemäss diesen Leitzielen. Erfahrungen und Gegebenheiten wurden solange reflektiert, als noch irgendwelche Illusionen und Spekulationen „abgeschnitten“ (buddhistische Methapher) werden konnten. Die Illusionslosigkeit oder andere Ziele des Chan sind aber keine Ideale, weil auch am Nichtanklammern nicht festgehalten werden soll. Fixe Positionen im entweder/oder Schema gibt es kaum; gegenteilige Aussagen stellen sich bei Perspektivenwechsel (Dezentrierung) oft als gleichzeitig richtige Wahrheiten heraus. Es gibt also nicht eine, sondern unendlich viele Wahrheiten. Dies ist ein Prinzip des Chan, der dialektischen Methode und der genetischen Epistemologie4. Dezentrierung - Lockerung einer Zentrierung, z.B. des Egozentrismus - hängt eng mit Bewusstseinsentwicklung zusammen, kann aber auch in einen diffusen Relativismus kippen, wenn sie nicht als Teil eines funktionierenden dynamischen Gleichgewichts (Zentrierung und Dezentrierung) wirken kann. [Die Ich-Auflösung - im Buddhismus und als Variante der einseitigen Dezentrierung - in „ozeanischen Gefühlen“5 der kosmischen Einheit, als Ersatz für die Geborgenheit verloren gegangener sozialer Strukturen sowie zum Zweck einer Entlastung vom Druck des unmenschlichen Alltagskampfes, wird zunehmend vermarktet.] Es geht also auch um eine Koordination der gewonnenen Erkenntnisse, d.h. um eine Theoriebildung, welche den praktischen Notwendigkeiten und Möglichkeiten angemessen ist. Den „Alten“ die in der Literatur oft als pragmatisch eingeschätzt wurden, war durchaus bewusst, dass ihre persönlichen Möglichkeiten begrenzt waren, wurden doch die nachkommenden Generationen dazu aufgefordert ihre Arbeit, „den Weg ins Unbegangene“, nicht im Kopieren fortzusetzen sondern zu überwinden. Chan ist keine Religion; es gibt keinen Gott und keine Zweiteilung (Dualismus) in gewöhnliches und religiöses Leben (z.B. fixe Rituale wie Beten) und keine Moral als ursächliches Gut-Böse-Prinzip. Essen, Lieben, Arbeiten, usw. sind nicht getrennt von Buddha. Der „wahre Mensch“6, des „Weges“ (auch dies Begriffe aus Buddhismus und Daoismus) ist unabhängig von Osten, Westen, Norden und Süden; seine Heimat ist überall!
„Freiheit ist nicht nur Einsicht in die Notwendigkeit, sondern auch not-wendigerweise die Veränderung der Notwendigkeit.“ (Ulrich Erckenbrecht, 1975)

[ ] Anmerkungen die an anderer Stelle auszuführen wären.
Quellen: (Nur einige ausgewählte. Wer mehr wissen möchte kann sich jederzeit an,
dhulliger@gmail.com wenden.)
(1) dtv-Brockhaus, „Dialektik“, 1986, ISBN 3-423-03301-0
(2) Die Geschichte der chinesischen Philosophie, W. Bauer, Beck, 2001, ISBN 3-406-47157-9
(3), (6) Das Denken ist ein wilder Affe, Linji Yixuan, Barth, 1996, ISBN 3-502-64408-X
(4) Jean Piaget, „genetische Erkenntnistheorie“, T. Kesselring, Beck, 1988, ISBN 3-406-32893-8
(5) Prinzip Neugier, K. Ottomeyer, Assanger, 1992, ISBN 3-89334-224-9

Dao, chin., wörtl.: „Weg“. Führungs- und Lebenskraft, Ordnungsprinzip. Ein Begriff, welcher von den nach ihm benannten Daoisten erst relativ spät beansprucht wurde. Konfuzianisten benutzten ihn pluralistisch, Buddhisten teilweise an Stelle von „Buddha-Natur“. Im Daode jing wird er auch als „das Unsagbare“ bezeichnet.

Daoismus: Sammelbegriff für unterschiedliche Strömungen der chin. Philosophie und Religion. Der klassische Text des Daoismus ist das Daode jing (3.Jh.v.Chr.), das dem Laozi (ca. 4.Jh.v.Chr.) zugeschrieben wird. Im Mittelpunkt der Lehre stehen: Harmonie mit der Natur, absichtsloses Handeln, Ratschläge an die Herrschenden, Kritik am Konfuzianismus sowie „Unsterblichkeit“.

Dezentrierung und Zentrierung
„Allgemein gesprochen, vollziehen wir eine Zentrierung, wenn wir die Aufmerksamkeit auf einen Punkt oder Aspekt konzentrieren. Zentrierungen finden ebenso im Denken wie in der Wahrnehmung statt. In der Wahrnehmung lassen sich beispielsweise die Feldeffekte [optische Täuschungen] auf Zentrierungen zurückführen...Wenn wir im Denken etwas zentrieren, tendieren wir dazu, es zu verabsolutieren. Indem wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, blenden wir zwangsläufig andere Daten aus. Wie die Zentrierung in der Wahrnehmung, führt auch die Verabsolutierung in Denken zu einer Verzerrung. Die Dezentrierung oder Relativierung ist gegenüber der Zentrierung oder Verabsolutierung das genetisch spätere. Wir dezentrieren, indem wir eine Zentrierung lockern. Diese Lockerung trittt dadurch ein, dass wir die Anzahl der Zentrierungen vervielfachen und Beziehungen zwischen ihnen herstellen: das Gesichtsfeld oder der Bewusstseins-Horizont weitet sich...“ (Kesselring, S.105)
„Dezentrieren meint die gleichzeitige Beachtung zweier oder mehrerer Aspekte eines Gegenstandes, die mehrdimensionale oder mehrperspektivische Beachtung eines Problems im Denkprozess.“ (Bundschuh, S.121)

Zur Egozentrik:
Egozentrismus bedeutet Befangenheit im eigenen Standpunkt.

„Aufgrund eines scheinbar paradoxen Mechanismus (...) kennt sich das Subjekt (..) in dem Moment am wenigsten, wenn es am meisten auf sich selbst zentriert ist.“ (Piaget, 1937, 12)

Nach Piaget erscheint die intellektuelle Entwicklung auf jeder Stufe durch eine an- fängliche Zentrierung, die durch spätere Dezentrierungen gelockert werden. Piaget verglich diese mehrmalige Wendung in der kognitiven Entwicklung mit einer Spirale.

Quellen:
Bundschuh Konrad, Heilpädagogische Psychologie, UTB 1645, Ernst Reinhardt Verlag
Ernst Jan-Mirco, Begriffsbildung: Die Lernpsychologie Jean Piagets nach Leo Montada, Internet
Heidbrink H., Gerechtigkeit, ISBN 3-928036-99-9
Kesselring Thomas, Jean Piaget, Beck’sche Reihe, ISBN 3-406-32893-8
Piaget Jean/Inhelder Bärbel, Die Psychologie des Kindes, dialog und praxis, ISBN 3-423-35030-X

Dialektik: (grch.) die Kunst der scharfsinnigen Gesprächsführung, besonders der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Grundgedanke der Dialektik (nach G.W.F. Hegel) ist, dass jede Setzung (Thesis) mit innerer Notwendigkeit ihr Gegenteil (Antithesis bzw. Negation) aus sich hervortreibt und dass sich beide in einer höheren Einheit (Synthesis bzw. Negation der Negation) gegenseitig in einem dreifachen Sinne „aufheben“, nämlich überwinden, bewahren und auf eine höhere Ebene emporheben. (Negation: lat. von „nein sagen“.)
Quelle: dtv Brockhaus Lexikon, 1986

„Die dialektische Bewegung der Natur und der Gesellschaft kann nur durch die dialektische Methode richtig erfasst werden. Die Grundzüge der dialektischen Methode sind in Kürze folgende: 1. Die Dialektik betrachtet die Erscheinungen nicht isoliert, nicht als zufällige Anhäufungen von Dingen, sondern als sich gegenseitig bedingende und durchdringende, als organische Einheit. Sie vermeidet den Fehler der undialektischen metaphysischen Methode, die einzelnen Erscheinungen losgelöst von anderen Dingen zu untersuchen und sie zu verabsolutieren. 2. Die Dialektik betrachtet die Erscheinungen nicht lediglich statisch, im Zustand der Ruhe, sondern sie untersucht die Welt in ihrer Dynamik, ihrer unaufhörlichen Entwicklung. Die Dialektik erforscht “die Dinge und ihre begrifflichen Abbilder wesentlich in ihrem Zusammenhang, ihrer Verkettung, ihrer Bewegung, ihrem Entstehen und ihrem Vergehen” (Engels, Antidühring, Marx-Engels-Gesamtausgabe, S. 25). Die Dialektik sucht, die Welt der Erscheinungen, Natur und Gesellschaft, in ihrer Entwicklung, also historisch zu erfassen. Die Eigenart der dialektischen Methode, die Dinge als sich entwickelnd, als vorübergehend aufzufassen, verhindert sie, einzelne Erscheinungen als absolut, als dauernd zu betrachten. 3. Die Entwicklung ist nach der Dialektik nicht ein einfacher, rein quantitativer Wachstumsprozess, sondern es handelt sich hierbei um das Entstehen neuer Qualitäten der Dinge. Die Entwicklung ist eine Entwicklung vom Einfachen zum Höheren. 4. Die Entwicklung geht in der Weise vor sich, dass rein quantitative Veränderungen in qualitative umschlagen. 5. Die Bewegung, die Entwicklung geht nach der Dialektik durch den Kampf der innern Widersprüche der Dinge vor sich. Jede Erscheinung ist in sich widerspruchsvoll, hat ihre negative und positive Seite, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft. Der Kampf der Gegensätze, der Kampf zwischen Altem, Untergehendem und Neuem, Aufsteigendem macht den Inhalt der Entwicklung aus....“
Zitat aus: Zur Kritik der Psychoanalyse, Schwarz Theodor, „Der Aufbruch“, 1947

Die Ochsen-Hirten-Bilder
Eine genaue Datierung der ersten Ochsen-Hirten Geschichte existiert nicht. Die bekanntesten Werke beziehen sich auf die Darstellungen des chinesischen Chan-Meisters Guo-an (Mitte 12. Jh.). Möglicherweise ist das Gleichnis vom Ochsen und vom Hirten im China der Tang-Dynastie entstanden. Es ist aber auch eine weiter zurückliegende Herkunft aus anderen Kulturen möglich. Vermutlich gibt es verschiedene ähnliche Geschichten. Die Ochsen-Hirten Geschichte ist ein Wegweiser, eines der nahezu unendlich vielen Hilfsmittel der Chan-Schulung; sie weisen im Wesentlichen auf die Hauptziele des Chan-Buddhismus:
- Erwachen zur Buddha-Natur (Erkennen des eigenen Wesens, Befreiung von Gier und Angst)
- Solidarität mit den leidenden Lebewesen bis zur tatsächlichen Befreiung aller
„Ich selbst habe keine einzige Wahrheit, die ich den Menschen geben könnte. Ich heile nur Krankheiten und löse Fesseln.“ Zitat: „Linji Yixuan“, 1996

Die in den Bildern dargestellten Erfahrungen widerspiegeln:
1. Die Suche nach dem Ochsen
2. Das Finden der Ochsenspur
3. Das Finden des Ochsen
4. Das Fangen des Ochsen
5. Das Zähmen des Ochsen
6. Die Heimkehr auf dem Rücken des Ochsen
7. Der Ochse ist vergessen, der Hirte bleibt
8. Die vollkommene Vergessenheit von Ochs und Hirte
9. Zurückgekehrt in den Grund und Ursprung
10. Das Hereinkommen auf den Markt mit offenen Händen.

Quellen: Das Denken ist ein wilder Affe, Linji Yixuan/ Jarand, O.W.Bart, 1996, ISBN 3-502-64408-X.
Der Ochs und sein Hirte, R.Ohtsu, G.Neske, 1995, ISBN 3-7885-0236-3
Zen, Meister der Meditation in Bildern und Schriften, Museum Rietberg, 1993, ISBN 3-907070-44-5

Emotionen
Nach dem bekannten Neurologen Antonio Damasio haben Emotionen die Aufgabe, dem Organismus zu helfen am Leben zu bleiben. Er unterscheidet zwischen primären oder universellen, sekundären oder sozialen Emotionen und Hintergrundemotionen. 1. Freude, Trauer, Furcht, Ärger, Überraschung oder Ekel 2. Verlegenheit, Eifersucht, Schuld, Stolz und andere 3. Wohlbehagen, Unbehagen, Ruhe oder Anspannung 4. Auslöser oder Bestandteile von Emotionen: Triebe, Motivationen, Lust, Unlust

Emotionen – Gefühle – Bewusstsein
„Emotionen versorgen Organismen automatisch mit überlebensnotwendigen Verhaltensweisen. In Organismen, die ausgerüstet sind, Emotionen wahrzunehmen, das heisst, Gefühle zu haben, wirken Emotionen bei ihrem Auftreten im Hier und Jetzt auch auf den Geist. Doch bei Organismen die mit Bewusstsein ausgestattet sind, dass heisst, die Erkennen können, dass sie Gefühle haben, wird eine andere Ebene der Regulation erreicht. Das Bewusstsein macht Gefühle der Erkenntnis zugänglich und unterstützt damit die innere Wirkung von Emotionen. Es versetzt diese in die Lage, den Denkprozess durch Vermittlung des Fühlens zu durchdringen. Schliesslich ermöglicht das Bewusstsein jedem Objekt, erkannt zu werden - dem „Objekt“ Emotion genauso wie jedem anderen Objekt -, und verbessert damit die Fähigkeit des Organismus, angepasst zu reagieren, das heisst, auf seine besonderen Bedürfnisse einzugehen.

Zitat: „Ich fühle also bin ich“, S. 74 ; Antonio Damasio, List, 2002, ISBN 3-548-60164-2

Genetische Epistemologie
Die genetische Epistemologie wurde durch den transdiziplinären Forscher Jean Piaget (1896-1980) begründet. „Genetisch“ im Sinn von „Genesis“ (Entstehung, Entwicklung) und nicht von „Genetik“ (Vererbungslehre). „Epistemologie“ im Sinn von Erkenntnistheorie. Piaget war ein transdisziplinärer (über den Fachgebieten) oder anders ausgedrückt: interdisziplinärer (zwischen den Disziplinen) wandelnder Grenzgänger, der sich erlaubte eigene Termini (Fachwörter) zu kreiieren, aber auch traditionell gebräuchlichen Begriffen eine eigene Definition zu verpassen. Die genetische Epistemologie nach Piaget sucht nach einer Erklärung für die Reihenfolge, in der sich die verschiedenen kognitiven Fähigkeiten aufbauen.

Quellen: Bundschuh Konrad, Heilpädagogische Psychologie, UTB 1645, Ernst Reinhardt Verlag
Heidbrink H., Gerechtigkeit, ISBN 3-928036-99-9
Kesselring Thomas, Jean Piaget, Beck’sche Reihe, ISBN 3-406-32893-8
Piaget Jean/Inhelder Bärbel, Die Psychologie des Kindes, dialog und praxis, ISBN 3-423-35030-X

Gongfu/Kung Fu
Gongfu/Kung Fu bedeutet nach dem neuen Chinesisch-Deutschen Wörterbuch: 1. Zeit; 2. Zeit und Mühe, Anstrengung; 3. Fähigkeit, Können. Dieses „Können“ betrifft Kampfkunst, Handwerk, Beruf und Arbeit allgemein. Ausserhalb China’s wird Kung Fu (gongfu) oft als Sammelbegriff für alle chinesischen Kampfkunst-Arten verwendet.
[Anmerkung: Budo ist der Überbegriff für alle japanischen Stile wie Aikido, Iaido, Judo, JuJutsu, Karate, Kendo, Kyudo usw.] In der Regel beinhalten die über 400 verschiedenen Gongfu-Stile folgende, der chinesischen Lehre der fünf Wandlungsphasen entsprechende Trainingsaspekte: Formen, Technik, Gefühlsschulung, Widerstandserhöhung und Meditation.

Fünf Elemente:
(chin. wu xing) oder besser „Fünf Wandlungsphasen“, „Fünf Wirkkräfte“ werden von der Tradition auf einen Philosophen Namens Zou Yan (340-260 v.Chr.) zurückgeführt. Sie spielten bis zur Han-Zeit, ebenso wie die Yin-Yang-Theorien, vorwiegend im Daoismus eine Rolle. Der wichtigste Philosoph der Früheren Han-Dynastie, Dong Zhongshu (179-104 v. Chr.), versuchte im Chunqiu fanlu (chin.: „Üppiger Tau der Frühlings- und Herbstannalen“), Himmel und Erde, Yin und Yang, die Fünf Elemente und den Menschen – eine wahrhaftig heterogene Mischung – zu einer Einheit zusammenzuschweissen. Dieses Entsprechungsystem verwirrender Komplexität wurde von den konfuzianischen Beamten gedeutet... „zum argen Missvergnügen der Herrscher, die ihre Aktionen solchermassen ständig von Reaktionen des Himmels begleitet sahen...“ Zitat: Wissenschaftlicher Universalismus, Needham J., 1993
Das Modell der fünf Wandlungsphasen ist ein symbolisches Zuordnungssystem bei welchen sowohl Komplexität, Relativität und Wandelbarkeit, aber auch die zyklischen Konstanten und das Unveränderliche dargestellt werden sollen. Die Abhängigkeit der „Elemente“ voneinander, z.B. Wasser ® Holz (Bäume brauchen Wasser), ist augenfällig.

Zyklen der fünf Wandlungsphasen, Kreis der Wandlungen
1. Hervorbringungszyklus / Nährungszyklus / Generierungszyklus = Mutter nährt Sohn
2. Kontrollzyklus = Kontrolle des Wachstums = mässigender Grossvater als Gleichgewichtsfaktor

Fünf Wandlungsphasen in der Pathologie
1. Disharmonie des Hervorbringungzyklus = Mutter nährt Sohn nicht ® Tonifikation der Mutter u./o. Sedation des Kindes u. d. Mutter zu entlasten
2. Überwindungszyklus = Überkontrolle / Erdrücken ® Grossvater ist zu stark oder Grosskind zu schwach
3. Verachtungszyklus / Beleidigungszyklus / Rebellion ® Der kontrollierende Teil wird aufgehoben und seinerseits überrannt.

Zuordnungen der Fünf Wandlungsphasen in der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)

Holz / Mu Feuer / Huo Erde / Tu Metall / Jin Wasser / Shui
Yin +Yang Organ Leber, Gallenblase Herz, DünndarmSan Jiao, Perikard Milz, Magen Lunge, Dickdarm Niere, Blase
Sinnesorgan Augen Zunge Mund Nase Ohr
Sinnesorgan Klima / Pathogen Hitze Feuchtigkeit Trockenheit Kälte
Körpergewebe Sehnen + Bänder Blutgefässe Muskeln, Bindegewebe Haut + Schleimhäute Mark, Zähne, Knochen
Emotion Ärger, Wut, Eifersucht Freude Grübeln, sorgen, sinnen Trauer Angst
Ausdruck Verkrampfen Schreckhaft Aufstossen Husten Zittern
Uhrzeit 23.00 – 03.00 11 – 15, 19 - 23 07.00 – 11.00 03.00 – 07.00 15.00 – 19.00
Sinnesorgan Augen Zunge Mund Nase Ohr
Geschmack Sauer Bitter Süss Scharf + würzig Salzig
Ort auf d. Zunge Zungenseiten Zungenspitze Zungenmitte Hinter d. Zungenspitze Zungen-hinterseite
Manifestiert sich Nägel Gesichtsausdruck Lippen Körperhaar + Haut Kopfhaar
Entwicklung Keimen,Geburt Wachstum Transformation Reife / Ernte Tod,Einlagern

Konfuzianismus:
die auf Konfuzius (551-479 v.Chr.) zurückgehende, einflussreichste philosophische Richtung in China und Ostasien, war in China seit der Han-Dynastie (202 v.Chr.- 220 n.Chr.) mehr oder weniger bis zum Ende des Kaisertums (1912) verbindliche Staatsdoktrin. Der Konfuzianismus ist praktische, moralische Philosophie, zentrales Anliegen ist die Einbettung des Einzelnen in Familie, Staat und Moral im Sinne der chinesischen Tradition.

Konfuzius: (551-479 v.Chr.)
Er wurde von seinen Landsleuten Kong Fu Zi bzw. Kong Zi (Kung-fu tse = alter Meister) genannt. Sein Leben war durch adelige Herkunft, zeitweise Wanderschaft und Exil sowie einer Beamtenkarriere bis zum Ministeramt, geprägt. Im „Buch der Gespräche“ (Lun yu), von seinen Schülern geschrieben, wurde die Essenz seiner Lehre festgehalten. Ihr Kernpunkt ist der Glaube an die Sittlichkeit [und patriarchale Hierarchie, Anm. d. Autors].

Kohärenzgefühl:
das Köhärenzgefühl ist die Instanz, die „dieses Schlachtfeld von Kräften [ Gleichgewicht bzw. Ungleichgewicht zwischen chaotischen und ordnenden Tendenzen, anm.d.Verf.] dirigiert und Ordnung oder Unordnung fördert“

Zitat: Antonovsky, Übersetzung durch Franke, 1997, S.150.

ist „eine globale Orientierung, die das Ausmass ausdrückt, in dem jemand ein durchdringendes, überdauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass erstens die Anforderungen aus der inneren oder äusseren Erfahrungswelt im Verlauf des Lebens strukturiert, vorhersagbar und erklärbar sind und das zweitens Ressourcen verfügbar sind, die nötig sind, um den Anforderungen gerecht zu werden. Und drittens, dass diese Anforderungen Herausvorderungen sind, die Investition und Engagement verdienen.“

Zitat: Antonovsky, 1993a, S.12; Übersetzung durch Franke & Broda.
Quelle: Was erhält Menschen Gesund ? , Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert, Bengel/Strittmatter/Willmann, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln 2001

Liezi:
daoistischer Text aus dem 4.Jh.n.Chr., gibt vor aus dem 4.Jh.v.Chr. zu stammen, was aber nicht zutrifft. Poetische Sammlung der Gedanken aus der Wei-Jin-Ära.

Mahayana
skrt., wörtl.: „grosses Fahrzeug“, ist eine der beiden grossen Schulrichtungen des Buddhismus. Mahayana, der im 1.Jh.v.Chr. aufkam, wurde deshalb als „grosses Fahrzeug“ bezeichnet, weil seine Vielfältigkeit einer grossen Anzahl von Menschen den Weg zur Erlösung öffnen, ja, alle Wesen erlösen soll. Diese Haltung ist im Ideal des Mahayana, im Boddhisatva (skrt: Erlösungswesen) verkörpert, dessen hervorragende Eigenschaft das Erbarmen war (und ist). Die wichtigsten mahayanistischen Schulen in China sind: Chan, Huayan, Tiantai, Jingtu (Reines-Land-Schule).

Neijin
chin., wörtl. „Innere Energie“. Die Innere Energie gemäss den chinesischen Inneren Kamfkünsten (Neijiaquan), entsteht entsprechend dem Zusammenwirken folgender fünf Elemente: 1. Yi, chin., wörtl.: „Vorstellungskraft“, 2. Qi, chin., wörtl.: „Lebensenergie“, 3. Li, chin., wörtl.: „Kraft“, 4. Xing, chin., wörtl.: „Form“ und 5. Shen, chin., wörtl.: „Geist“. Diese Sammelbegriffe können für viele verschiedene Arten von Energien, Aktivitäten und Zustände, je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen annehmen. Yi lenkt das Qi und Qi lenkt Li

Yi: Vorstellungskraft, Bewusstsein, Fassungskraft, Denkweise, Absicht, Gedankenkraft, Geistesaufmerksamkeit, Wille, Konzentration, Visualisation, Geist...
Qi: Energie, Lebensenergie, kosmische Kraft, Atem der Natur, Dampf, Hauch, Temperatur, Vitalität, umhüllende kosmische Atmosphäre...
Li: Kraft, physikalische Kraft, rohe, körperliche Kraft, Muskelkraft
Xing: Form, Haltung, gerichtet
Shen: Geist, persönlicher Geist, Lebenskraft, Geistes-kraft, Wirkkraft, Schöpferkraft. Shen wurde ur-sprünglich mit Himmel und Yang in Verbindung gebracht. Im Kontext des chinesichen Buddhismus weicht die Bedeutung teilweise von den „klassischen“ ab. (Linck, 2000)
Fali: Ausbrechende Kraft. „Fa“: aussenden, ver-grössern, entladen, projezieren. Li-Kraft ist in Abgrenzung zur Jin-Kraft als physikalische Kraft definiert. Li: Kraft, Stärke, Fähigkeit, Körperkraft, sich anstrengen, sich Mühe geben. Fali und Fajin werden im Baguazhang und im Xingyiquan trainiert, Fali im Yiquan, Fajin im Taijiquan.
Fajin: Mit dem Zeichen „Jin-Kraft“ verbinden sich ganze Konzepte, die zum Teil mit ganz unterschiedlichen Bedeutungsinhalten verbunden sind (Landmann, 2002): „dem Einsatz der Jin-Kraft geht ein sinkendes Lösen in einer zentrierten und ruhigen Körperorganisation voraus... Unterbrech-ungen sollen durch den Einsatz der „Vorstellung“ behoben werden; die Anwendung von sogenannter grober Kraft sei unbedingt zu vermeiden.“ (Zitat: Landmann, 2002). Die Li-Kraft ist aber trotzdem auch enthalten. Jin wird als Fliesskraft oder Tonus beschrieben (Théler, 2002). Die Jin-Kraft wird in Abgrenzung zur Li-Kraft (physikalische) als körperliche Kraft/Energie gesetzt.

Quellen: Chen Jumin, Manuskripte und Internettexte
Landmann Rainer, Taijiquan, Konzepte..., I. f. b. A. e. V., 2002, ISBN 3-936212-02-3
Lind Monika und Gabi, Taijiquan & Oigong Lexikon, Kolibri, 1995, ISBN 3-928288-14-8
Lind Werner, Das Lexikon der Kampfkünste, Sport Verlag, 1999, ISBN 3-328-00838-1
Linck Gudula, Yin und Yang, Beck, 2000, ISBN 3 406 42123 7
Ross Jeremy, Zang Fu, ML Verlag, 1999, ISBN 3-88136-172-3
Théler Luc, Zu den Quellen des Taijiquan, Ryvellus, 2002, ISBN 3-89060-464-5

Qigong
chin., wörtl.: „das Qi üben“ oder „Arbeit mit dem Qi“. Der Bedeut- ungsummfang des Sammelbegriffes Qi, erstreckt sich von Dampf, Wolken, Atem, Energie, Lebensenergie, Nahrung und Kommunikation mit „höheren Mächten“ („anflehen“) bis hin zum Ur-Qi (Yuanqi). (Engelhardt, 1985; Heise, 1999; u.a.)
Qi ist ein Sammelbegriff, der sehr viel verschiedene Bedeutungen hat, oder anders gesagt es gibt viele verschiedene Qi’s, die an dieser Stelle nicht aufgeführt werden können weil eine vollständige Auflistung mit minimalen Erklärungen den gegebenen Rahmen bei weitem sprengen würde.
Das Schriftzeichen „Gong“ hat die Bedeutung „Arbeit“ und „Leistung“, aber auch „Errungenschaft“, „Erfolg“ und „Wirkung“. „Qigong bedeutet also soviel wie die immanente (potentiell wahrnehm-, steiger- und lenkbare) Wirkkraft des qi -auch mit dem qi arbeiten. Zitat: Heise, 1999
Es gibt verschiedene Einteilungssysteme des Qigong; z.B. in hartes (Yinggong) und weiches (Ruangong), in inneres (Neigong) und äusseres (Waigong), in stilles (Jinggong) und bewegtes (Donggong), in buddhistisches (Fojia), daoistisches (Daojia), medizinisches (Yijia und Yangsheng) und dasjenige der Kampfkünste (Wujia)(Heise, 1999). In der Praxis sind diese Unterscheidungen oft nur als Modelle brauchbar.

Salutogenese:
Salus, lat.: Unverletztheit, Heil, Glück; Genese, griech.: Ent-stehung. Das Modell des Medizinsoziologen Aaron Antonowsky gehört zu den einflussreichsten Gesundheitskonzepten der letzten Jahre. Es stellt der Frage nach der Entstehung der Krankheiten die Perspektive der Frage warum die Menschen gesund bleiben gegenüber.

Quelle: Was erhält Menschen Gesund ? , Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert, Bengel/Strittmatter/Willmann, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln 2001

Stressoren:
„eine von innen oder aussen kommende Anforderung an den Organismus, die sein Gleichgewicht stört und die zur Wiederherstellung des Gleichgewichts eine nichtautomatische und nicht unmittelbar verfügbare, energieverbrauchende Handlung erfordert.“

Zitat: Antonovsky, 1979, S.72
Quelle: Was erhält Menschen Gesund ? , Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert, Bengel/Strittmatter/Willmann, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln 2001

Taijiquan
chin., wörtl.: „absolutes Boxen“. Die Bezeichnung Taijiquan ist Legende. Taiji steht für Entwicklung als Abfolge sich ineinander wandelnder Zustände, deren Veränderung vor allem durch die Dynamik gegensätzlicher wie ergänzender Kräfte bestimmt wird. Aus dem EINEN (Wuji) werden ZWEI (Yin und Yang) aus den Zwei werden Drei (Yin,Yang und die Einheit von Yin und Yang) usw.. Als Taiji werden gelegentlich die Prozesse zwischen dem EINEN (Wuji) den ZWEI (Yin und Yang) bezeichnet. Quan heisst Faust, womit Faustkampfkunst oder waffenlose Kampfkunst gemeint ist. Taijiquan oft als meditative Bewegungskunst beschrieben wird den so genannten Inneren Kampfkünsten zugeordnet. Die Verbindung mit dem Daoismus und der Yin-Yang-Schule ist naheliegend. Im Taijiquan werden Entspanntheit, Wachheit und Absichtslosigkeit (chin. Wuwei) in Formen und PartnerInnenübungen (Tui Shou/Push Hands) praktiziert. Die bekanntesten Traditionsrichtungen sind: Chen-, Yang-, Wu-, Hao- und Sun-Stil-Taijiquan.

„Spirale“:
Nach Piaget erscheint die intellektuelle Entwicklung [welche eng mit der emotionalen und sozialen Entwicklung und der Bewegungskoordination zusammenhängt, Anm. des Verf.] auf jeder Stufe durch eine anfängliche Zentrierung, die durch spätere Dezentrierungen gelockert werden. Piaget verglich diese mehrmalige Wendung in der kognitiven Entwicklung mit einer Spirale.

Quellen:
Bundschuh Konrad, Heilpädagogische Psychologie, UTB 1645, Ernst Reinhardt Verlag
Heidbrink H., Gerechtigkeit, ISBN 3-928036-99-9
Kesselring Thomas, Jean Piaget, Beck’sche Reihe, ISBN 3-406-32893-8
Piaget Jean/Inhelder Bärbel, Die Psychologie des Kindes, dialog und praxis, ISBN 3-423-35030-X

Tuishou
chin., wörtl.: „Schiebende Hände“ (kantonesisch Chi Sao oder Qi Sao); auch bekannt als Push Hands, „Klebende Hände“ oder „Fühlende Hände“ (siehe auch Qi bei Qigong). Tuishou ist die Bezeichnung für PartnerInnenübungen, welche in den verschiedenen „Inneren Kampfkünsten“ mehr oder weniger praktiziert werden. Beim Tuishou können Standfestigkeit (Gleichgewicht), Reflexe, Techniken u.a. überprüft und vertieft werden.

Wingchun Kungfu
chin., wörtl.: „schöner Frühling Faust“; auch als Yongchun- quan bekannt. Der Legende nach errang Yim Wing Chun, eine Schülerin der Shaolin-Äbtissin Ng Mui (Ning Mui) in der Kampfkunst hohe Meister-schaft, wodurch dieser Stil ungefähr im Jahre 1730 (Qing-Dynastie) seinen Namen bekam. Im Wingchunquan steht nicht Kraft und Härte im Vordergrund, sondern im Gegenteil, Ökonomie und Gefühl. Als Herz des Wingchunquan wird gewöhnlich die Übung „Qi Sao“ („Fühlende Hände“, „Klebende Hände“) bezeichnet. Im „Qi Sao“ werden Energieeinsatz, Reflexe und Techniken auf kreative und kooperative Art geschult.

Yin und Yang
„Hinter yin und yang steht das Qi (siehe Qigong), genauer gesagt das yin-qi und yang-qi, das vielen hierzulande als Inbegriff gespürter Lebenskraft oder fliessender Lebensenergie ebenso vertraut sein dürfte wie das yin-yang-Emblem selbst: Wer kennt nicht von Ohrringen, Armbändern, Hals- oder Fusskettchen die ineinander verschlungenen „Fische“, die den meisten Menschen ein Symbol sind für die harmonische Vereinigung von Mann und Frau. Die ansprechende Graphik stammt aus dem 10.-13. Jahrhundert, als chinesische Gelehrte begannen, komplizierte kosmische Zusammenhänge in Schemata darzustellen. Die Idee selbst und auch die Zeichen sind sehr viel älter und bereits auf Bronzeinschriften aus dem ersten Jahrhundert v.Chr. zu finden Dort steht yin für Schatten, Dunkelheit, Regenwolken, die Nordseite des Berges und yang für das Gegenteil: Licht, Helligkeit, Sonnenstrahl, die Südseite des Berges. Wenn sich die Menschen im Norden Chinas, die vom Ackerbau lebten, in der langen Winterzeit nach der wärmenden Sonne sehnten, so war ihnen offenbar zugleich bewusst, dass auch Regenwolken Fruchtbarkeit spendeten, dass Tag und Nacht und die vier Jahreszeiten aufeinander folgen, dass yin und yang also aufeinander angewiesen sind, eines das andere bedingt und hervorbringt. In der Folgezeit lagerten sich weitere Polaritäten an das Begriffspaar an, wie Ruhe (yin) und Bewegung (yang), das Weiche (yin) und das Harte (yang), das Feuchte (yin) und das Trockene (yang), das Schwere (yin) und das Leichte (yang), das Trübe (yin) und das Glänzende (yang), die Dichte und Fülle (yin), das Zerstreute und die Leere (yang) usw. – bis schliesslich die ganze Welt, einschliesslich des Menschen, zweiwertig nach yin und yang geordnet war. Die polare Zusammengehörigkeit, die jeden Dualismus ausschliesst, macht das yin und yang-Emblem zum Symbol für die Suche nach Ganzheit, dem das chinesische Denken trotz einiger Irrungen treu geblieben ist – bis heute, zumindest in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), in der Kampfkunst, im Qigong und Schattenboxen und in zahlreichen Bildern der Sprache und Schrift.“ Zitat: Yin und Yang, Seite 12, Gudula Linck, Beck, 2000, ISBN 3 406 42123 7 Ein Yin-Yang-Entsprechungssystem gab es auch in Europa und anderen Kulturen. Der Urprung wird in Babylonien (Sumerien, Persien) vermutet (Needham, 1977; Zollinger, 1949).

Quellen:
Wissenschaftlicher Universalismus, Joseph Needham, suhrkamp, 1993, ISBN 3-518-27864-9
Das Yang- und Yin-Prinzip ausserhalb des Chinesischen, Gustav Zollinger, Francke, 1949

Zen-Shiatsu (Die Kunst des Berührens, Die berührende Kunst)
Jap. Shi = Finger, atsu = Druck. Diese Massage-Technik mit den Wurzeln in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM, Yin und Yang, 5 Wandlungs-phasen, Moxibustion) und im Zen-Buddhismus (chin. CHAN) ergänzt mit der japanischen Volksmedizin wurde 1964 als selbständige Therapieform staatlich anerkannt.
Der Ansatz dieser Behandlungsmethode ist die Sicht auf den Menschen als Körpergeistseele. Mit Fingern, Händen, Füssen, Ellbogen und Knien wird verschieden starker Druck ausgeübt, Muskulatur gedehnt und Gelenke sanft rotiert um die Lebensenergie, KI (chin. QI) in den Energiebahnen (Meridianen) zum Fliessen zu bringen. Dadurch werden die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt. Früher (und hoffentlich auch in neuerer Zeit) wurden Massagen vor allem zur Vorbeugung von Blockaden und bei Energiemangel eingesetzt, um Krankheiten vorbeugend zu verhindern.

Quelle: Shiatsu S.Masunaga, W. Ohashi, rororo Rowohlt Verlag, 1480-ISBN 3 499 184168

„Das Relative ist das Absolute“ (Chan-Spruch, ca. 8. Jh.)