Chan, chin., wörtl.: „Meditation“. Der Chan-Buddhismus, welcher auch chinesischer Buddhismus genannt
wird, ist zur Zeit der Tang-Dynastie (618-906) hauptsächlich als Synthese von Elementen des Daoismus und dem
Mahayana, eine der beiden grossen Schulrichtungen des Buddhismus, aber auch als Schmelztiegel verschiedenster,
intellektueller, künstlerischer, sozialer und religiöser Strömungen entstanden. Der Legende nach setzte
Bodhidharma (470-543 n.Chr.) in China Pu-ti-da-mo oder Damo genannt - der 28. Nachfolger von „Buddha“ Siddhartha
Gautama (skrt.: „der Erwachte“; 563-483 v.Chr.) – die Tradition der „wortlosen Überlieferung“ fort.
Chan strebt die unmittelbare Realisierung des menschlichen Wesens und die Befreiung aller leidenden Wesen an.
Die Methoden dazu werden spontan und kreativ den jeweiligen Möglichkeiten angepasst.
Chan (ausführlichere Version) Das chinesische Chan (jap. Zen) entstammt dem Sanskrit-Wort „Dhyana“ und bedeutet Meditation, Versenkung, Sammlung des Geistes. Chan ist eine soziale Bewegung, die in China, zur Zeit der Tang-Dynastie (618-906 n.Chr.) entstanden ist und damals ihren Höhepunkt erreicht hatte. Die Bezeichnung sozial ist deshalb angebracht, weil die menschliche Gemeinschaft in der Theorie und Praxis der Bewegung eine entscheidende Rolle spielte. Chan ist hauptsächlich als Synthese aus dem Mahayana-Buddhismus und dem Daoismus, aber auch als Schmelztiegel verschiedenster, intellektueller, künstlerischer, sozialer und religiöser Strömungen zu verstehen. Die Synthese, (im dialektischen Sinne) resultiert in der dreifachen „Aufhebung“1: überwinden, bewahren und auf eine höhere Ebene emporheben. Auf diese Weise ist zu verstehen, wie sich aus der gegenseitigen Durchdringung von Mahayana und Daoismus eine neue Qualität (Chan) herausbilden konnte, wobei einerseits Elemente der beiden ausgeschieden, andererseits andere bewahrt und transformiert wurden. Dieser Prozess soll im folgenden ansatzweise skizziert werden.
Im Mahayana (skrt.: „grosses Fahrzeug“), eine der beiden grossen Schulrichtungen des Buddhismus,
wird die Befreiung aller Lebewesen vom Leiden sowie tiefes Mitgefühl angestrebt. Diejenigen, die in der Lage
sind diese Zielsetzung zu leben, werden als Bodhisattvas (skrt: „Erleuchtungswesen“) bezeichnet. In derselben
Tradition stehen auch zahlreiche Modelle und Methoden zur Erkenntnis der Wirklichkeit. Der Legende nach begründete
Bodhidharma (470-543 n.Chr.), in China Pu-ti-da-mo oder Damo genannt - der 28. Nachfolger des so genannten
historischen „Buddha“ Siddhartha Gautama (skrt.: „der Erwachte“; 563-483 v.Chr.) - den chinesischen
Chan-Buddhismus. Diesen praktizierte er zur Zeit seines neunjährigen Aufenthaltes in einer Höhle in der Nähe
des Shaolin-Klosters (chin.: „Kloster des kleinen Waldes“). Über Lebensdaten und Aufenthaltsorte von Bodhidharma
gibt es unterschiedliche Angaben. Bodhidharmas Ausbildung als Angehöriger der indischen Kriegerkaste versetzte
ihn in die Lage Kampfkunst, Meditation und Gesundheitspflege zu verbinden. Nach einer anderen oft anzutreffenden
Legende habe Bodhidharma als Sohn eines südindischen Brahmanen-Königs, ebenfalls Zugang zu einer entsprechenden
Ausbildung gehabt.
Während der Tang-Zeit (618-906 n.Chr.) und evtl. auch schon vorher, entledigten sich die Begründer des Chan
zunehmend der Regeln, Rituale, Strukturen und der übertriebenen Gelehrsamkeit des damaligen Mahayana und
reduzierten den Buddhismus auf seinen Kern: konkrete, kollektive Schulung zur bewussten und uneigennützigen
Lebensführung.
Der philosophische Daoismus, der sich vor allem auf das Daode jing (3. Jh.v. Chr.) bezieht, welches dem
legendären Laozi zugeschrieben wird, war sozusagen der chinesische Boden, auf dem der indische Mahayana
symbiotisch gedeihen konnte. Nach China gelangt, wurde der Buddhismus zeitweise als eine fremdländische Form
des Daoismus angesehen. Diese Assimilation ging soweit, zu erklären, dass Buddha niemand anderer sei als Laozi2.
Daraus resultieren unter anderem die sehr widersprüchlichen biographischen Daten über Laozi. Parallelen und
Ähnlichkeiten in Ethik, Bildern, Begriffen und Gleichnissen begünstigten den Entstehungsprozess des chinesischen
Buddhismus und seine Akzeptanz in der Bevölkerung. So bedeutet beispielsweise „Dao“ das „Unsagbare“, welches
der buddhistischen „Leere“ und dem Chan-buddhistischen „Nichts“ (chinesisch: Wu) nahe kommt. „Daoismus“, ein
Sammelbegriff für unterschiedliche Strömungen der chinesischen Philosophie, Wissenschaft und Religion lässt sich
nicht ohne massive Vereinfachungen definieren. Im Mittelpunkt der Lehre steht ein ambivalentes, chaotisches und
teilweise rückwärts gewandtes Menschen- und Naturbild. So erklärt sich z.B. das Nebeneinander der Ideale der
übergeordneten, vollkommenen und sich stets wandelnden Natur sowie diejenigen des heiligen Herrschers über die
ursprünglich-naturwüchsigen, anarchischen Gemeinschaften von „interesselosen“ Einsiedlern. Ein Schlüsselbegriff
des Daoismus, das „absichtslose Handeln“ (chinesisch: Wuwei) steht für die Einheit und Harmonie von Mensch,
Natur und Kosmos. Solche Begriffe regten zur Interpretation an, wie die unzähligen Übersetzungen des Daode jing
zeigen.
Die herausragensten Chan-Begründer Huineng (638-713 n.Chr.), Huangbo (gest. 850) und Linji (gest. 866)
positionierten die Chan-Lehre als Praxis zur unmittelbaren Bewusstwerdung und Realisierung des menschlichen
Wesens, wobei sie nahezu alles, auch die eigenen Methoden permanent zu verändern bereit waren. Dadurch wurde
gleichzeitig das Primat der Praxis gegenüber der Philosophie und die Aufwertung des Laientums zu wichtigen
Merkmalen des Chan. Unter der Voraussetzung, dass die Philosophen die Welt nur verschieden interpretiert, nicht
aber verändert haben, kann Chan nicht als Philosophie bezeichnet werden. Darüber hinaus versteht sich Chan weder
als über den Wissenschaften stehend, noch als eine besondere. Wortgefechte, Meditationen, nonverbale
Kommunikation, Poesie, symbolische Handlungen, Zweikämpfe, Bergwandern, Kochen, Landarbeit, d.h. fast alle
Tätigkeiten und Erfahrungen können das plötzliche Erwachen zur „Buddha-Natur“ auslösen. Wobei diese die in
allen Menschen/Wesen angelegte Natur sei. Buddhata (skrt.: „Buddha-Natur“), auch als „Nichts“ (chin. Wu) oder
„Herz“ bezeichnet, ist nach mahayanistischer Auffassung die wahre, unveränderliche und ewige Natur aller Wesen;
diese ist aber vergänglich und „Nicht-Wesenhaft“. „Buddha werden“ ist ein Synonym dafür, in einem
Bewusstseinssprung die eigene Natur mehr oder weniger zu „durchblicken“. Dankbarkeit diesen Mitteln gegenüber
wurde als Anklammern und somit als Rückfall abgelehnt, ebenso die Liebe zu Ruhe und Abgeschiedenheit3. [Die
Konsequenzen daraus werden von vielen der „Möchtegern“-Nachfolgern und ihren unkritischen Anhängern, aus Teilweise
bewussten, ökonomisch motivierten Gründen aber auch aus Verblendung verschwiegen.]
In den Anfängen des Chan kritisierten seine Vertreter jegliche autoritären Verhaltenweisen und hierarchische
Strukturen sowie den Methodenfetischismus nicht nur verbal, sondern auch in ihren Taten. Ein beliebtes Motto
lautete: einem grossen Zweifel – auch grosse Kritik genannt – folgt ein grosses Erwachen. Gefragt war eine
jederzeit (oft auch experimentell) überprüfbare Qualität der tatsächlichen Umsetzung der Grundsätze (kein
esoterisches „Wischiwaschi“). Permanente Bewusstseinsentwicklung, uneigennützige Solidarität mit den Leidenden,
die Aneignung notwendiger Fertigkeiten (chin.: Gongfu) und die Konzentration auf des Wesentliche gemäss diesen
Leitzielen. Erfahrungen und Gegebenheiten wurden solange reflektiert, als noch irgendwelche Illusionen und
Spekulationen „abgeschnitten“ (buddhistische Methapher) werden konnten. Die Illusionslosigkeit oder andere Ziele
des Chan sind aber keine Ideale, weil auch am Nichtanklammern nicht festgehalten werden soll. Fixe Positionen im
entweder/oder Schema gibt es kaum; gegenteilige Aussagen stellen sich bei Perspektivenwechsel (Dezentrierung)
oft als gleichzeitig richtige Wahrheiten heraus. Es gibt also nicht eine, sondern unendlich viele Wahrheiten.
Dies ist ein Prinzip des Chan, der dialektischen Methode und der genetischen Epistemologie4. Dezentrierung -
Lockerung einer Zentrierung, z.B. des Egozentrismus - hängt eng mit Bewusstseinsentwicklung zusammen, kann aber
auch in einen diffusen Relativismus kippen, wenn sie nicht als Teil eines funktionierenden dynamischen
Gleichgewichts (Zentrierung und Dezentrierung) wirken kann. [Die Ich-Auflösung - im Buddhismus und als Variante
der einseitigen Dezentrierung - in „ozeanischen Gefühlen“5 der kosmischen Einheit, als Ersatz für die
Geborgenheit verloren gegangener sozialer Strukturen sowie zum Zweck einer Entlastung vom Druck des
unmenschlichen Alltagskampfes, wird zunehmend vermarktet.] Es geht also auch um eine Koordination der gewonnenen
Erkenntnisse, d.h. um eine Theoriebildung, welche den praktischen Notwendigkeiten und Möglichkeiten angemessen
ist. Den „Alten“ die in der Literatur oft als pragmatisch eingeschätzt wurden, war durchaus bewusst, dass ihre
persönlichen Möglichkeiten begrenzt waren, wurden doch die nachkommenden Generationen dazu aufgefordert ihre
Arbeit, „den Weg ins Unbegangene“, nicht im Kopieren fortzusetzen sondern zu überwinden. Chan ist keine Religion;
es gibt keinen Gott und keine Zweiteilung (Dualismus) in gewöhnliches und religiöses Leben (z.B. fixe Rituale wie
Beten) und keine Moral als ursächliches Gut-Böse-Prinzip. Essen, Lieben, Arbeiten, usw. sind nicht getrennt von
Buddha. Der „wahre Mensch“6, des „Weges“ (auch dies Begriffe aus Buddhismus und Daoismus) ist unabhängig von
Osten, Westen, Norden und Süden; seine Heimat ist überall!
„Freiheit ist nicht nur Einsicht in die Notwendigkeit, sondern auch not-wendigerweise die Veränderung der
Notwendigkeit.“ (Ulrich Erckenbrecht, 1975)
[ ] Anmerkungen die an anderer Stelle auszuführen wären.
Quellen: (Nur einige ausgewählte. Wer mehr wissen möchte kann sich jederzeit an, dhulliger@gmail.com wenden.)
(1) dtv-Brockhaus, „Dialektik“, 1986, ISBN 3-423-03301-0
(2) Die Geschichte der chinesischen Philosophie, W. Bauer, Beck, 2001, ISBN 3-406-47157-9
(3), (6) Das Denken ist ein wilder Affe, Linji Yixuan, Barth, 1996, ISBN 3-502-64408-X
(4) Jean Piaget, „genetische Erkenntnistheorie“, T. Kesselring, Beck, 1988, ISBN 3-406-32893-8
(5) Prinzip Neugier, K. Ottomeyer, Assanger, 1992, ISBN 3-89334-224-9
Dao, chin., wörtl.: „Weg“. Führungs- und Lebenskraft, Ordnungsprinzip. Ein Begriff, welcher von den nach ihm benannten Daoisten erst relativ spät beansprucht wurde. Konfuzianisten benutzten ihn pluralistisch, Buddhisten teilweise an Stelle von „Buddha-Natur“. Im Daode jing wird er auch als „das Unsagbare“ bezeichnet.
Daoismus: Sammelbegriff für unterschiedliche Strömungen der chin. Philosophie und Religion. Der klassische Text des Daoismus ist das Daode jing (3.Jh.v.Chr.), das dem Laozi (ca. 4.Jh.v.Chr.) zugeschrieben wird. Im Mittelpunkt der Lehre stehen: Harmonie mit der Natur, absichtsloses Handeln, Ratschläge an die Herrschenden, Kritik am Konfuzianismus sowie „Unsterblichkeit“.
Dezentrierung und Zentrierung
„Allgemein gesprochen, vollziehen wir eine Zentrierung, wenn wir die Aufmerksamkeit auf einen Punkt oder
Aspekt konzentrieren. Zentrierungen finden ebenso im Denken wie in der Wahrnehmung statt. In der Wahrnehmung
lassen sich beispielsweise die Feldeffekte [optische Täuschungen] auf Zentrierungen zurückführen...Wenn wir
im Denken etwas zentrieren, tendieren wir dazu, es zu verabsolutieren. Indem wir unsere Aufmerksamkeit darauf
richten, blenden wir zwangsläufig andere Daten aus. Wie die Zentrierung in der Wahrnehmung, führt auch die
Verabsolutierung in Denken zu einer Verzerrung. Die Dezentrierung oder Relativierung ist gegenüber der
Zentrierung oder Verabsolutierung das genetisch spätere. Wir dezentrieren, indem wir eine Zentrierung lockern.
Diese Lockerung trittt dadurch ein, dass wir die Anzahl der Zentrierungen vervielfachen und Beziehungen zwischen
ihnen herstellen: das Gesichtsfeld oder der Bewusstseins-Horizont weitet sich...“ (Kesselring, S.105)
„Dezentrieren meint die gleichzeitige Beachtung zweier oder mehrerer Aspekte eines Gegenstandes, die
mehrdimensionale oder mehrperspektivische Beachtung eines Problems im Denkprozess.“ (Bundschuh, S.121)
Zur Egozentrik:
Egozentrismus bedeutet Befangenheit im eigenen Standpunkt.
„Aufgrund eines scheinbar paradoxen Mechanismus (...) kennt sich das Subjekt (..) in dem Moment am wenigsten, wenn es am meisten auf sich selbst zentriert ist.“ (Piaget, 1937, 12)
Nach Piaget erscheint die intellektuelle Entwicklung auf jeder Stufe durch eine an- fängliche Zentrierung, die durch spätere Dezentrierungen gelockert werden. Piaget verglich diese mehrmalige Wendung in der kognitiven Entwicklung mit einer Spirale.
Quellen:
Bundschuh Konrad, Heilpädagogische Psychologie, UTB 1645, Ernst Reinhardt Verlag
Ernst Jan-Mirco, Begriffsbildung: Die Lernpsychologie Jean Piagets nach Leo Montada, Internet
Heidbrink H., Gerechtigkeit, ISBN 3-928036-99-9
Kesselring Thomas, Jean Piaget, Beck’sche Reihe, ISBN 3-406-32893-8
Piaget Jean/Inhelder Bärbel, Die Psychologie des Kindes, dialog und praxis, ISBN 3-423-35030-X
Dialektik: (grch.) die Kunst der scharfsinnigen Gesprächsführung, besonders der wissenschaftlichen
Auseinandersetzung. Grundgedanke der Dialektik (nach G.W.F. Hegel) ist, dass jede Setzung (Thesis) mit innerer
Notwendigkeit ihr Gegenteil (Antithesis bzw. Negation) aus sich hervortreibt und dass sich beide in einer
höheren Einheit (Synthesis bzw. Negation der Negation) gegenseitig in einem dreifachen Sinne „aufheben“,
nämlich überwinden, bewahren und auf eine höhere Ebene emporheben. (Negation: lat. von „nein sagen“.)
Quelle: dtv Brockhaus Lexikon, 1986
„Die dialektische Bewegung der Natur und der Gesellschaft kann nur durch die dialektische Methode richtig
erfasst werden. Die Grundzüge der dialektischen Methode sind in Kürze folgende: 1. Die Dialektik betrachtet
die Erscheinungen nicht isoliert, nicht als zufällige Anhäufungen von Dingen, sondern als sich gegenseitig
bedingende und durchdringende, als organische Einheit. Sie vermeidet den Fehler der undialektischen
metaphysischen Methode, die einzelnen Erscheinungen losgelöst von anderen Dingen zu untersuchen und sie zu
verabsolutieren. 2. Die Dialektik betrachtet die Erscheinungen nicht lediglich statisch, im Zustand der Ruhe,
sondern sie untersucht die Welt in ihrer Dynamik, ihrer unaufhörlichen Entwicklung. Die Dialektik erforscht
“die Dinge und ihre begrifflichen Abbilder wesentlich in ihrem Zusammenhang, ihrer Verkettung, ihrer Bewegung,
ihrem Entstehen und ihrem Vergehen” (Engels, Antidühring, Marx-Engels-Gesamtausgabe, S. 25). Die Dialektik
sucht, die Welt der Erscheinungen, Natur und Gesellschaft, in ihrer Entwicklung, also historisch zu erfassen.
Die Eigenart der dialektischen Methode, die Dinge als sich entwickelnd, als vorübergehend aufzufassen,
verhindert sie, einzelne Erscheinungen als absolut, als dauernd zu betrachten. 3. Die Entwicklung ist nach der
Dialektik nicht ein einfacher, rein quantitativer Wachstumsprozess, sondern es handelt sich hierbei um das
Entstehen neuer Qualitäten der Dinge. Die Entwicklung ist eine Entwicklung vom Einfachen zum Höheren. 4. Die
Entwicklung geht in der Weise vor sich, dass rein quantitative Veränderungen in qualitative umschlagen. 5. Die
Bewegung, die Entwicklung geht nach der Dialektik durch den Kampf der innern Widersprüche der Dinge vor sich.
Jede Erscheinung ist in sich widerspruchsvoll, hat ihre negative und positive Seite, ihre Vergangenheit und ihre
Zukunft. Der Kampf der Gegensätze, der Kampf zwischen Altem, Untergehendem und Neuem, Aufsteigendem macht den
Inhalt der Entwicklung aus....“
Zitat aus: Zur Kritik der Psychoanalyse, Schwarz Theodor, „Der Aufbruch“, 1947
Die Ochsen-Hirten-Bilder
Eine genaue Datierung der ersten Ochsen-Hirten Geschichte existiert nicht. Die bekanntesten Werke beziehen sich
auf die Darstellungen des chinesischen Chan-Meisters Guo-an (Mitte 12. Jh.). Möglicherweise ist das Gleichnis
vom Ochsen und vom Hirten im China der Tang-Dynastie entstanden. Es ist aber auch eine weiter zurückliegende
Herkunft aus anderen Kulturen möglich. Vermutlich gibt es verschiedene ähnliche Geschichten. Die Ochsen-Hirten
Geschichte ist ein Wegweiser, eines der nahezu unendlich vielen Hilfsmittel der Chan-Schulung; sie weisen im
Wesentlichen auf die Hauptziele des Chan-Buddhismus:
- Erwachen zur Buddha-Natur (Erkennen des eigenen Wesens, Befreiung von Gier und Angst)
- Solidarität mit den leidenden Lebewesen bis zur tatsächlichen Befreiung aller
„Ich selbst habe keine einzige Wahrheit, die ich den Menschen geben könnte. Ich heile nur Krankheiten und löse
Fesseln.“ Zitat: „Linji Yixuan“, 1996
Die in den Bildern dargestellten Erfahrungen widerspiegeln:
1. Die Suche nach dem Ochsen
2. Das Finden der Ochsenspur
3. Das Finden des Ochsen
4. Das Fangen des Ochsen
5. Das Zähmen des Ochsen
6. Die Heimkehr auf dem Rücken des Ochsen
7. Der Ochse ist vergessen, der Hirte bleibt
8. Die vollkommene Vergessenheit von Ochs und Hirte
9. Zurückgekehrt in den Grund und Ursprung
10. Das Hereinkommen auf den Markt mit offenen Händen.
Emotionen
Nach dem bekannten Neurologen Antonio Damasio haben Emotionen die Aufgabe, dem Organismus zu helfen am Leben zu bleiben.
Er unterscheidet zwischen primären oder universellen, sekundären oder sozialen Emotionen und Hintergrundemotionen.
1. Freude, Trauer, Furcht, Ärger, Überraschung oder Ekel
2. Verlegenheit, Eifersucht, Schuld, Stolz und andere
3. Wohlbehagen, Unbehagen, Ruhe oder Anspannung
4. Auslöser oder Bestandteile von Emotionen: Triebe, Motivationen, Lust, Unlust
Genetische Epistemologie
Die genetische Epistemologie wurde durch den transdiziplinären Forscher Jean Piaget (1896-1980) begründet.
„Genetisch“ im Sinn von „Genesis“ (Entstehung, Entwicklung) und nicht von „Genetik“ (Vererbungslehre).
„Epistemologie“ im Sinn von Erkenntnistheorie. Piaget war ein transdisziplinärer (über den Fachgebieten) oder
anders ausgedrückt: interdisziplinärer (zwischen den Disziplinen) wandelnder Grenzgänger, der sich erlaubte
eigene Termini (Fachwörter) zu kreiieren, aber auch traditionell gebräuchlichen Begriffen eine eigene
Definition zu verpassen. Die genetische Epistemologie nach Piaget sucht nach einer Erklärung für die
Reihenfolge, in der sich die verschiedenen kognitiven Fähigkeiten aufbauen.
Gongfu/Kung Fu
Gongfu/Kung Fu bedeutet nach dem neuen Chinesisch-Deutschen Wörterbuch: 1. Zeit; 2. Zeit und Mühe,
Anstrengung; 3. Fähigkeit, Können. Dieses „Können“ betrifft Kampfkunst, Handwerk, Beruf und Arbeit allgemein.
Ausserhalb China’s wird Kung Fu (gongfu) oft als Sammelbegriff für alle chinesischen Kampfkunst-Arten
verwendet.
[Anmerkung: Budo ist der Überbegriff für alle japanischen Stile wie Aikido, Iaido, Judo, JuJutsu, Karate,
Kendo, Kyudo usw.]
In der Regel beinhalten die über 400 verschiedenen Gongfu-Stile folgende, der chinesischen Lehre der fünf
Wandlungsphasen entsprechende Trainingsaspekte: Formen, Technik, Gefühlsschulung, Widerstandserhöhung und
Meditation.
Fünf Elemente:
(chin. wu xing) oder besser „Fünf Wandlungsphasen“, „Fünf Wirkkräfte“ werden von der
Tradition auf einen Philosophen Namens Zou Yan (340-260 v.Chr.) zurückgeführt. Sie spielten bis zur Han-Zeit,
ebenso wie die Yin-Yang-Theorien, vorwiegend im Daoismus eine Rolle. Der wichtigste Philosoph der Früheren
Han-Dynastie, Dong Zhongshu (179-104 v. Chr.), versuchte im Chunqiu fanlu (chin.: „Üppiger Tau der Frühlings-
und Herbstannalen“), Himmel und Erde, Yin und Yang, die Fünf Elemente und den Menschen – eine wahrhaftig
heterogene Mischung – zu einer Einheit zusammenzuschweissen. Dieses Entsprechungsystem verwirrender Komplexität
wurde von den konfuzianischen Beamten gedeutet... „zum argen Missvergnügen der Herrscher, die ihre Aktionen
solchermassen ständig von Reaktionen des Himmels begleitet sahen...“ Zitat: Wissenschaftlicher Universalismus,
Needham J., 1993
Das Modell der fünf Wandlungsphasen ist ein symbolisches Zuordnungssystem bei welchen sowohl Komplexität,
Relativität und Wandelbarkeit, aber auch die zyklischen Konstanten und das Unveränderliche dargestellt werden
sollen. Die Abhängigkeit der „Elemente“ voneinander, z.B. Wasser ® Holz (Bäume brauchen Wasser), ist
augenfällig.
Zyklen der fünf Wandlungsphasen, Kreis der Wandlungen
1. Hervorbringungszyklus / Nährungszyklus / Generierungszyklus = Mutter nährt Sohn
2. Kontrollzyklus = Kontrolle des Wachstums = mässigender Grossvater als Gleichgewichtsfaktor
Fünf Wandlungsphasen in der Pathologie
1. Disharmonie des Hervorbringungzyklus = Mutter nährt Sohn nicht ® Tonifikation der Mutter u./o. Sedation des
Kindes u. d. Mutter zu entlasten
2. Überwindungszyklus = Überkontrolle / Erdrücken ® Grossvater ist zu stark oder Grosskind zu schwach
3. Verachtungszyklus / Beleidigungszyklus / Rebellion ® Der kontrollierende Teil wird aufgehoben und seinerseits
überrannt.
Zuordnungen der Fünf Wandlungsphasen in der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)
Holz / Mu | Feuer / Huo | Erde / Tu | Metall / Jin | Wasser / Shui | |
Yin +Yang Organ | Leber, Gallenblase | Herz, DünndarmSan Jiao, Perikard | Milz, Magen | Lunge, Dickdarm | Niere, Blase |
Sinnesorgan | Augen | Zunge | Mund | Nase | Ohr |
Sinnesorgan | Klima / Pathogen | Hitze | Feuchtigkeit | Trockenheit | Kälte |
Körpergewebe | Sehnen + Bänder | Blutgefässe | Muskeln, Bindegewebe | Haut + Schleimhäute | Mark, Zähne, Knochen |
Emotion | Ärger, Wut, Eifersucht | Freude | Grübeln, sorgen, sinnen | Trauer | Angst |
Ausdruck | Verkrampfen | Schreckhaft | Aufstossen | Husten | Zittern |
Uhrzeit | 23.00 – 03.00 | 11 – 15, 19 - 23 | 07.00 – 11.00 | 03.00 – 07.00 | 15.00 – 19.00 |
Sinnesorgan | Augen | Zunge | Mund | Nase | Ohr |
Geschmack | Sauer | Bitter | Süss | Scharf + würzig | Salzig |
Ort auf d. Zunge | Zungenseiten | Zungenspitze | Zungenmitte | Hinter d. Zungenspitze | Zungen-hinterseite |
Manifestiert sich | Nägel | Gesichtsausdruck | Lippen | Körperhaar + Haut | Kopfhaar |
Entwicklung | Keimen,Geburt | Wachstum | Transformation | Reife / Ernte | Tod,Einlagern |
Konfuzianismus:
die auf Konfuzius (551-479 v.Chr.) zurückgehende, einflussreichste philosophische
Richtung in China und Ostasien, war in China seit der Han-Dynastie (202 v.Chr.- 220 n.Chr.) mehr oder
weniger bis zum Ende des Kaisertums (1912) verbindliche Staatsdoktrin. Der Konfuzianismus ist praktische,
moralische Philosophie, zentrales Anliegen ist die Einbettung des Einzelnen in Familie, Staat und Moral
im Sinne der chinesischen Tradition.
Konfuzius: (551-479 v.Chr.)
Er wurde von seinen Landsleuten Kong Fu Zi bzw. Kong Zi (Kung-fu tse = alter
Meister) genannt. Sein Leben war durch adelige Herkunft, zeitweise Wanderschaft und Exil sowie einer
Beamtenkarriere bis zum Ministeramt, geprägt. Im „Buch der Gespräche“ (Lun yu), von seinen Schülern geschrieben,
wurde die Essenz seiner Lehre festgehalten. Ihr Kernpunkt ist der Glaube an die Sittlichkeit [und patriarchale
Hierarchie, Anm. d. Autors].
Kohärenzgefühl:
das Köhärenzgefühl ist die Instanz, die „dieses Schlachtfeld von Kräften [ Gleichgewicht
bzw. Ungleichgewicht zwischen chaotischen und ordnenden Tendenzen, anm.d.Verf.] dirigiert und Ordnung oder
Unordnung fördert“
ist „eine globale Orientierung, die das Ausmass ausdrückt, in dem jemand ein durchdringendes, überdauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass erstens die Anforderungen aus der inneren oder äusseren Erfahrungswelt im Verlauf des Lebens strukturiert, vorhersagbar und erklärbar sind und das zweitens Ressourcen verfügbar sind, die nötig sind, um den Anforderungen gerecht zu werden. Und drittens, dass diese Anforderungen Herausvorderungen sind, die Investition und Engagement verdienen.“
Zitat: Antonovsky, 1993a, S.12; Übersetzung durch Franke & Broda.Liezi:
daoistischer Text aus dem 4.Jh.n.Chr., gibt vor aus dem 4.Jh.v.Chr. zu stammen, was aber nicht
zutrifft. Poetische Sammlung der Gedanken aus der Wei-Jin-Ära.
Mahayana
skrt., wörtl.: „grosses Fahrzeug“, ist eine der beiden grossen Schulrichtungen des Buddhismus.
Mahayana, der im 1.Jh.v.Chr. aufkam, wurde deshalb als „grosses Fahrzeug“ bezeichnet, weil seine Vielfältigkeit
einer grossen Anzahl von Menschen den Weg zur Erlösung öffnen, ja, alle Wesen erlösen soll. Diese Haltung ist im
Ideal des Mahayana, im Boddhisatva (skrt: Erlösungswesen) verkörpert, dessen hervorragende Eigenschaft das Erbarmen
war (und ist). Die wichtigsten mahayanistischen Schulen in China sind: Chan, Huayan, Tiantai, Jingtu
(Reines-Land-Schule).
Neijin
chin., wörtl. „Innere Energie“. Die Innere Energie gemäss den chinesischen Inneren Kamfkünsten (Neijiaquan),
entsteht entsprechend dem Zusammenwirken folgender fünf Elemente: 1. Yi, chin., wörtl.: „Vorstellungskraft“, 2.
Qi, chin., wörtl.: „Lebensenergie“, 3. Li, chin., wörtl.: „Kraft“, 4. Xing, chin., wörtl.: „Form“ und 5. Shen,
chin., wörtl.: „Geist“. Diese Sammelbegriffe können für viele verschiedene Arten von Energien, Aktivitäten und
Zustände, je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen annehmen. Yi lenkt das Qi und Qi lenkt Li
Yi: Vorstellungskraft, Bewusstsein, Fassungskraft, Denkweise, Absicht, Gedankenkraft, Geistesaufmerksamkeit,
Wille, Konzentration, Visualisation, Geist...
Qi: Energie, Lebensenergie, kosmische Kraft, Atem der Natur, Dampf, Hauch, Temperatur, Vitalität, umhüllende
kosmische Atmosphäre...
Li: Kraft, physikalische Kraft, rohe, körperliche Kraft, Muskelkraft
Xing: Form, Haltung, gerichtet
Shen: Geist, persönlicher Geist, Lebenskraft, Geistes-kraft, Wirkkraft, Schöpferkraft. Shen wurde ur-sprünglich
mit Himmel und Yang in Verbindung gebracht. Im Kontext des chinesichen Buddhismus weicht die Bedeutung teilweise von
den „klassischen“ ab. (Linck, 2000)
Fali: Ausbrechende Kraft. „Fa“: aussenden, ver-grössern, entladen, projezieren. Li-Kraft ist in Abgrenzung zur
Jin-Kraft als physikalische Kraft definiert. Li: Kraft, Stärke, Fähigkeit, Körperkraft, sich anstrengen, sich Mühe
geben. Fali und Fajin werden im Baguazhang und im Xingyiquan trainiert, Fali im Yiquan, Fajin im Taijiquan.
Fajin: Mit dem Zeichen „Jin-Kraft“ verbinden sich ganze Konzepte, die zum Teil mit ganz unterschiedlichen
Bedeutungsinhalten verbunden sind (Landmann, 2002): „dem Einsatz der Jin-Kraft geht ein sinkendes Lösen in einer
zentrierten und ruhigen Körperorganisation voraus... Unterbrech-ungen sollen durch den Einsatz der „Vorstellung“ behoben
werden; die Anwendung von sogenannter grober Kraft sei unbedingt zu vermeiden.“ (Zitat: Landmann, 2002). Die Li-Kraft
ist aber trotzdem auch enthalten. Jin wird als Fliesskraft oder Tonus beschrieben (Théler, 2002). Die Jin-Kraft wird in
Abgrenzung zur Li-Kraft (physikalische) als körperliche Kraft/Energie gesetzt.
Qigong
chin., wörtl.: „das Qi üben“ oder „Arbeit mit dem Qi“. Der Bedeut- ungsummfang des Sammelbegriffes Qi, erstreckt
sich von Dampf, Wolken, Atem, Energie, Lebensenergie, Nahrung und Kommunikation mit „höheren Mächten“ („anflehen“) bis hin
zum Ur-Qi (Yuanqi). (Engelhardt, 1985; Heise, 1999; u.a.)
Qi ist ein Sammelbegriff, der sehr viel verschiedene Bedeutungen hat, oder anders gesagt es gibt viele verschiedene Qi’s,
die an dieser Stelle nicht aufgeführt werden können weil eine vollständige Auflistung mit minimalen Erklärungen den gegebenen
Rahmen bei weitem sprengen würde.
Das Schriftzeichen „Gong“ hat die Bedeutung „Arbeit“ und „Leistung“, aber auch „Errungenschaft“, „Erfolg“ und „Wirkung“.
„Qigong bedeutet also soviel wie die immanente (potentiell wahrnehm-, steiger- und lenkbare) Wirkkraft des qi -auch mit
dem qi arbeiten. Zitat: Heise, 1999
Es gibt verschiedene Einteilungssysteme des Qigong; z.B. in hartes (Yinggong) und weiches (Ruangong), in inneres (Neigong)
und äusseres (Waigong), in stilles (Jinggong) und bewegtes (Donggong), in buddhistisches (Fojia), daoistisches (Daojia),
medizinisches (Yijia und Yangsheng) und dasjenige der Kampfkünste (Wujia)(Heise, 1999). In der Praxis sind diese
Unterscheidungen oft nur als Modelle brauchbar.
Salutogenese:
Salus, lat.: Unverletztheit, Heil, Glück; Genese, griech.: Ent-stehung. Das Modell des Medizinsoziologen
Aaron Antonowsky gehört zu den einflussreichsten Gesundheitskonzepten der letzten Jahre. Es stellt der Frage nach der
Entstehung der Krankheiten die Perspektive der Frage warum die Menschen gesund bleiben gegenüber.
Stressoren:
„eine von innen oder aussen kommende Anforderung an den Organismus, die sein Gleichgewicht stört
und die zur Wiederherstellung des Gleichgewichts eine nichtautomatische und nicht unmittelbar verfügbare,
energieverbrauchende Handlung erfordert.“
Taijiquan
chin., wörtl.: „absolutes Boxen“. Die Bezeichnung Taijiquan ist Legende. Taiji steht für
Entwicklung als Abfolge sich ineinander wandelnder Zustände, deren Veränderung vor allem durch die Dynamik
gegensätzlicher wie ergänzender Kräfte bestimmt wird. Aus dem EINEN (Wuji) werden ZWEI (Yin und Yang) aus den
Zwei werden Drei (Yin,Yang und die Einheit von Yin und Yang) usw.. Als Taiji werden gelegentlich die Prozesse
zwischen dem EINEN (Wuji) den ZWEI (Yin und Yang) bezeichnet. Quan heisst Faust, womit Faustkampfkunst oder waffenlose
Kampfkunst gemeint ist. Taijiquan oft als meditative Bewegungskunst beschrieben wird den so genannten Inneren Kampfkünsten
zugeordnet. Die Verbindung mit dem Daoismus und der Yin-Yang-Schule ist naheliegend. Im Taijiquan werden Entspanntheit,
Wachheit und Absichtslosigkeit (chin. Wuwei) in Formen und PartnerInnenübungen (Tui Shou/Push Hands) praktiziert. Die
bekanntesten Traditionsrichtungen sind: Chen-, Yang-, Wu-, Hao- und Sun-Stil-Taijiquan.
„Spirale“:
Nach Piaget erscheint die intellektuelle Entwicklung [welche eng mit der emotionalen und sozialen Entwicklung
und der Bewegungskoordination zusammenhängt, Anm. des Verf.] auf jeder Stufe durch eine anfängliche Zentrierung, die durch
spätere Dezentrierungen gelockert werden. Piaget verglich diese mehrmalige Wendung in der kognitiven Entwicklung mit einer
Spirale.
Tuishou
chin., wörtl.: „Schiebende Hände“ (kantonesisch Chi Sao oder Qi Sao); auch bekannt als Push Hands, „Klebende Hände“
oder „Fühlende Hände“ (siehe auch Qi bei Qigong). Tuishou ist die Bezeichnung für PartnerInnenübungen, welche in den verschiedenen
„Inneren Kampfkünsten“ mehr oder weniger praktiziert werden. Beim Tuishou können Standfestigkeit (Gleichgewicht), Reflexe,
Techniken u.a. überprüft und vertieft werden.
Wingchun Kungfu
chin., wörtl.: „schöner Frühling Faust“; auch als Yongchun- quan bekannt. Der Legende nach errang Yim Wing
Chun, eine Schülerin der Shaolin-Äbtissin Ng Mui (Ning Mui) in der Kampfkunst hohe Meister-schaft, wodurch dieser Stil
ungefähr im Jahre 1730 (Qing-Dynastie) seinen Namen bekam. Im Wingchunquan steht nicht Kraft und Härte im Vordergrund,
sondern im Gegenteil, Ökonomie und Gefühl. Als Herz des Wingchunquan wird gewöhnlich die Übung „Qi Sao“ („Fühlende Hände“,
„Klebende Hände“) bezeichnet. Im „Qi Sao“ werden Energieeinsatz, Reflexe und Techniken auf kreative und kooperative Art
geschult.
Yin und Yang
„Hinter yin und yang steht das Qi (siehe Qigong), genauer gesagt das yin-qi und yang-qi, das vielen hierzulande als Inbegriff
gespürter Lebenskraft oder fliessender Lebensenergie ebenso vertraut sein dürfte wie das yin-yang-Emblem selbst: Wer kennt
nicht von Ohrringen, Armbändern, Hals- oder Fusskettchen die ineinander verschlungenen „Fische“, die den meisten Menschen ein
Symbol sind für die harmonische Vereinigung von Mann und Frau. Die ansprechende Graphik stammt aus dem 10.-13. Jahrhundert,
als chinesische Gelehrte begannen, komplizierte kosmische Zusammenhänge in Schemata darzustellen. Die Idee selbst und auch die
Zeichen sind sehr viel älter und bereits auf Bronzeinschriften aus dem ersten Jahrhundert v.Chr. zu finden Dort steht yin für
Schatten, Dunkelheit, Regenwolken, die Nordseite des Berges und yang für das Gegenteil: Licht, Helligkeit, Sonnenstrahl, die
Südseite des Berges. Wenn sich die Menschen im Norden Chinas, die vom Ackerbau lebten, in der langen Winterzeit nach der
wärmenden Sonne sehnten, so war ihnen offenbar zugleich bewusst, dass auch Regenwolken Fruchtbarkeit spendeten, dass Tag und
Nacht und die vier Jahreszeiten aufeinander folgen, dass yin und yang also aufeinander angewiesen sind, eines das andere
bedingt und hervorbringt. In der Folgezeit lagerten sich weitere Polaritäten an das Begriffspaar an, wie Ruhe (yin) und
Bewegung (yang), das Weiche (yin) und das Harte (yang), das Feuchte (yin) und das Trockene (yang), das Schwere (yin) und das
Leichte (yang), das Trübe (yin) und das Glänzende (yang), die Dichte und Fülle (yin), das Zerstreute und die Leere (yang)
usw. – bis schliesslich die ganze Welt, einschliesslich des Menschen, zweiwertig nach yin und yang geordnet war. Die polare
Zusammengehörigkeit, die jeden Dualismus ausschliesst, macht das yin und yang-Emblem zum Symbol für die Suche nach Ganzheit,
dem das chinesische Denken trotz einiger Irrungen treu geblieben ist – bis heute, zumindest in der Traditionellen Chinesischen
Medizin (TCM), in der Kampfkunst, im Qigong und Schattenboxen und in zahlreichen Bildern der Sprache und Schrift.“ Zitat: Yin
und Yang, Seite 12, Gudula Linck, Beck, 2000, ISBN 3 406 42123 7
Ein Yin-Yang-Entsprechungssystem gab es auch in Europa und anderen Kulturen. Der Urprung wird in Babylonien (Sumerien, Persien)
vermutet (Needham, 1977; Zollinger, 1949).
Zen-Shiatsu (Die Kunst des Berührens, Die berührende Kunst)
Jap. Shi = Finger, atsu = Druck. Diese Massage-Technik mit den Wurzeln in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM, Yin und
Yang, 5 Wandlungs-phasen, Moxibustion) und im Zen-Buddhismus (chin. CHAN) ergänzt mit der japanischen Volksmedizin wurde 1964 als
selbständige Therapieform staatlich anerkannt.
Der Ansatz dieser Behandlungsmethode ist die Sicht auf den Menschen als Körpergeistseele. Mit Fingern, Händen, Füssen, Ellbogen
und Knien wird verschieden starker Druck ausgeübt, Muskulatur gedehnt und Gelenke sanft rotiert um die Lebensenergie, KI (chin. QI)
in den Energiebahnen (Meridianen) zum Fliessen zu bringen. Dadurch werden die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt. Früher
(und hoffentlich auch in neuerer Zeit) wurden Massagen vor allem zur Vorbeugung von Blockaden und bei Energiemangel eingesetzt,
um Krankheiten vorbeugend zu verhindern.
„Das Relative ist das Absolute“ (Chan-Spruch, ca. 8. Jh.)